Hier der Versuch einer Gegenrede zu einem Video, dass die Personal Trainerin Daniela Ben Said am 18.04. auf Facebook veröffentlicht hat. Sie hat dort über 64.000 Abonnenten, also sicher eine deutlich höhere Reichweite als diese Seite hier, bis zum 19.04. 10 Uhr hatte der Beitrag knapp 600 Likes bekommen und wird 27.000 mal aufgerufen.
Wer mich kennt der weiß, ich bin engagierter und zugleich kritischer Sozialdemokrat aus Überzeugung. Frau Merkel ist nicht meine Bundeskanzlerin, ich habe gegen die letzten beiden Grokos gestimmt und bin trotzdem der SPD treu und setze mich für ihre Ziele ein.
Ich bin kein Ja-Sagen – kein Hinterherläufer, ich bin kompliziert, zuweilen besserwisserisch, ich meine es aber gut mit den Menschen, trotzdem muss man mich nicht mögen. Ich bin sozial- und umweltengagiert, ich bin vielleicht aus diesem Grund, zweimal in den Rat der Stadt Osnabrück gewählt worden.
Die Welt ist in einer Notsituation, weltweit sterben in rasender Geschwindigkeit Menschen an einer sich schnell und einfach verbreitenden Viruserkrankung. Wir haben keinen Impfstoff und keine Medikamente gegen diese Lungenkrankheit – was sie schon einmal deutlich von anderen „beherrschbaren“ oder „eindämmbaren“ Erkrankungswellen unterscheidet.
Unser Gesundheitssystem ist nicht ausreichend personell und technisch wie finanziell ausgestattet. Es ist Unterfinanziert, das Personal nicht ausreichend vorhanden und schlecht bezahlt- trotzdem ist es eins der europaweit besten Systeme, was sich gerade jetzt als hilfreich erweist.
Wir haben im März erkannt das dringender Handlungsbedarf bei der Eindämmung des Virus notwendig ist, da die Ansteckungsverfolgung aufgrund der Vielzahl der Erkrankten und deren Kontaktpersonen nicht mehr möglich war. Darum hat sich die Bundes- und die Landesregierungen entschieden drastische, nie dagewesene Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung zu ergreifen.
Die Wirksamkeit ist vorher nicht im Detail bekannt oder erprobt gewesen, die Erkenntnisse stellen sich nach ca. 14 Tagen ein. Bei jedem Schritt und jeder Rücknahme von Maßnahmen gehen wir ein Risiko ein, dass die Verbreitung wieder an Geschwindigkeit zurückgewinnt und wir von Vorne anfangen müssen.
Ja, es ist für alle Eltern und Kinder eine absolute Zumutung nicht in die Kita, Kindergarten und in die Schule zu können. Berufstätige mit Kindern leiden doppelt, weil sie entweder nicht arbeiten können/dürfen und ihre Kinder betreuen und beim Lernen unterstützen müssen oder eben weil sie „nebenbei“ noch zur Arbeit müssen und Kinder zum Teil alleine gelassen werden. Verdienstausfall, Jobverlust, Zukunftsängste machen sich breit.
In engen Familienkreisen kommt es vermehrt zu Spannungen und vermehrtauch zu Gewalt. Das kann man nicht schönreden und hat dramatische Folgen. Darum muss es sich um einen extremen Notfall handeln, Maßnahmen mit solchen Auswirkungen in Kraft zu setzen.
Dennoch sind die Maßnahmen zur Kontakteinschränkung und Geschäftsschließung kein Ausdruck von fehlenden Mitgefühl und Willkür, wie es im Video benannt wird, sondern es sind aus der Notlage heraus entstandene und wie sich zeigt wirkungsvolle Maßnahmen, die das Sterben einer Vielzahl von Menschen verhindert. Früher sagte man: „Wahl zwischen Pest und Cholera“, heute sagt man das vermutlich nicht mehr.
Man versucht mit einer Vielzahl von Gegenmaßnahmen, die in kürzester Zeit auf den Weg gebracht wurden (von der Notfallbetreuung in der Kita, bis zur online Beschulung, von Sofortkrediten bis Kurzarbeitergeld) an verschiedensten Stellen Hilfestellung zu leisten. Nicht alles ist perfekt und nicht für jedes individuelle Problem gibt es eine Lösung – aber Tatenlosigkeit herrscht nicht vor.
Chaos bei den Anordnungen – Widersprüche und zum Teil Rücknahme von Anordnungen innerhalb von 24 Stunden. Ja, nicht professionell, nicht gut, nicht schön – aber Beleg für Handlungsfähigkeit und Kritikfähigkeit, alles ist in Bewegung, dass bezieht Rückschritte und Fehlentscheidungen mit ein.
Was wäre die Alternative? Im Video werden regionale Lösungswege eingefordert, da in unterschiedlichen Regionen nur wenige Erkrankte das gesamte Ausmaß an Einschränkungen nicht rechtfertigen. Das ist richtig aber tausende von regional unterschiedlichen Anordnungen würden doch noch mehr Chaos und Unverständnis erzeugen?
Wie man „Ungerechtigkeit“ bei den Maßnahmen definiert, finde ich sehr schwierig – warum darf eine Einzelhandelsfläche mit 800 qm öffnen und eine große Veranstaltung mit mehren tausend Zuhörern, in einer großen Halle nicht stattfinden – das ist doch ungerecht meint Daniela Ben Said – Nein sondern in meinen Augen ein vorsichtiges herantasten an mögliche Erleichterungen im sogenannten Alltagsleben ohne ein zu hohes, unverantwortliches Risiko der Virusverbreitung einzugehen.
Wer bereit ist ein höheres Risiko einzugehen, weil mehr Menschen durch den Missbrauch von Alkohol oder Tabaktgenuss oder im Straßenverkehr sterben als an Covit-19 der verkennt, dass niemand rauchen muss und das niemand Alkohol trinken muss und das sowohl Rauchern als auch Alkoholikern (nicht jedem aber grundsätzlich) geholfen werden kann. Man aber niemanden vollständig wirkungsvoll vor der Ansteckung mit der Lungenkrankheit schützen kann. Für den Straßenverkehr gibt es Regeln, deren Befolgung hilft Unfälle mit Todesfolge zu vermeiden, Corona hält sich nicht an Regeln – Corona ist nicht gerecht, Corona kann jeden treffen und jeden töten!
Und das ist nun mal eine der elementarsten Aufgaben einer Regierung, ob man sie gewählt hat oder nicht, das Wohl und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Der Preis ist irre hoch, die Verantwortung unglaublich ernst. Nicht alles kann ausdiskutiert, in Ruhe abgewogen werden. Gewählte Ratsmitglieder werden ihrer Einflussmöglichkeiten entzogen, vieles muss ausprobiert und getestet, vielleicht wieder verworfen werden. Gefällt mir alles nicht – halte ich aber aus.
Ich strapaziere gerne noch einmal den Vergleich mit dem Feuerwehreinsatz: Es brennt, trotz der Feuerwehrübung bin ich kein Fachmann was Hausbrände angeht. Ich beachte die Grundregel: Selbstschutz, Notruf, anderen Hilfestellung leisten – auf die Anweisungen der Feuerwehr hören, nicht im Weg stehen, keine überflüssigen Fragen stellen. Die Profis machen lassen…..
Warum haben wir bei so einer Notlage, so Viele die glauben es besser zu wissen, obwohl wir noch nie vor so einer Situation gestanden haben? Ich habe auch Ideen, was man noch besser machen könnte, ich verstehe auch nicht jede Anordnung die aus der Not geboren und vielleicht ein müder Kompromiss einer Abwägung zwischen verschiedenen Interessenlagen war. Aber darum stelle ich mich doch nicht in den Weg sondern versuche das Beste daraus zu machen und auch Dinge zu akzeptieren, die ich vor 6 Wochen noch für absoluten Wahnsinn gehalten habe. Aus gelebter Solidarität und aus der Überzeugung an unsere geschätzte Demokratie. Kein blindes Vertrauen, sicher mit wachsamen Auge, aber ohne Misstrauen und ganz sicher ohne Wut Bauch.
Wir sind ja schon auf dem Weg zurück zu einer neuen, veränderten Art des öffentlichen Lebens. Nach 6 Wochen rücken die ersten Schritte der Öffnung näher, die ersten Geschäfte machen wieder auf, obwohl wir noch keinen Impfstoff haben, ohne den wir Covit 19 nicht als überstanden benenn können. Wir haben sicher noch das ganze Jahr 2020 viele Feuer zu löschen, aber machen wir das doch zusammen und mit viel Verständnis für die Nöte des anderen und versuchen es gemeinsam gut zu machen.
Was nutzt es da jeden Dienstag vor dem Gericht zu stehen und stumm zu demonstrieren? Da gehe ich lieber für ein älteres Ehepaar Einkäufe erledigen, spende für die Tafel, unterstütze ein Kinderheim und versuche so die Not der anderen zu lindern und selber nicht in eine größere Notlage zu geraten und ich vertraue darauf das auch mir geholfen wird, wenn ich Hilfe benötige!
Danke für das Verständnis – ich habe sicher nicht alle Fragen beantwortet aber eine Gegenposition begründet. Aus reinem Interesse auch an der Meinung des Andersdenkenden.
Viele Grüße an Daniele Ben Said – zusammen schaffen wir es aus diesem Schlamassel wieder raus!