Mir ist langweilig – wer mich gut kennt weiß das dies nichts gutes bedeuten kann.
Meine Lieblingsantwort auf die häufige Frage „Warum bist du in die Kommunalpolitik gegangen – was tuts du dir nur damit an?“ ist diese: „Mir darf nicht langweilig werden/sein“.
Wenn mir langweilig ist komme ich auf dumme Gedanken – wenn ich dann nicht etwas zum renovieren oder reparieren finde – wird es für mein Umfeld schlimm. Mit Langeweile bin ich ungenießbar bis unausstehlich, nachdenklich, deprimiert – NICHTS tun kann ich nur einen kleinen Moment – sagen wir 14 Tage Sommerurlaub an der Nordsee tun mir gut – 3 Wochen und es wird kompliziert.
Vom „Nachtschwärmer“ gibt es viele Interpretationen, diese Pandemieedition kursiert im Netz und zeigt die Bar so wie sie viele Wochen war – leer – einsam – nackt. Eigentlich geht eine ganz besondere Stimmung von diesem Bild aus – die Stimmung ist verloren gegangen.
Ein ähnliches Bild hängt in meinem Büro. Ich kaufte es mit 19 Jahren vermutlich – es hing in meinem Wohnschlafraum in der ersten Wohnung die ich mit meinem Bruder zusammen hatte. Im Neumarkttunnel gab es einen Shop mit Postern und Fanartikeln – dort habe ich es gekauft.
Ich mag die Ruhe die von dem Bild ausgeht und das Geheimnisvolle des Stadtleben, wobei sich in meiner Interpretation James Dean in der Gegenüberliegenden Seite in einem Schaufenster spiegelt – jedenfalls glaube ich das es so ist. Ich mag die Position des Beobachters und des Bedenkenden.
Und wie sieht nun die neue Realität aus? Nach der ersten Lockerungswelle durften Restaurants zunächst mit 50% Kapazität öffnen und wieder Gäste empfangen. Mit zu viel Freizeit kommt man auf die im Nachhinein dumme Idee mit Junior zum Burger-Laden zu fahren um dort zu frühstücken. Also eins ist sicher, eine Ansteckungsgefahr hat dort nicht bestanden, wir waren die einzigen Kunden – ausgenommen der Pappkameraden – die als Platzhalter die nicht zu besetzenden Sitze frei hielten. Frühstück gab es übrigens nicht – es wurde wegen der geringen Kundeanzahl vorerst gestrichen…. Mahlzeit: Burger zum Frühstück – kann man machen – muss man aber nicht!
Langeweile – was nun?
Das mir die Zeit lang werden würde ahnte ich von Anfang an, darum hatte ich auch ziemlich sofort diese Homepage als mein Oster-Projekt gestartet. Erst einmal musste ich mich mit dem neuen Programm vertraut machen. Neben den ersten Gehversuchen habe ich dann gleich noch die Ortsvereinshomepage renoviert und zusammengelegt – spart zukünftig Geld und Zeit.
Also erst war die Idee Gedanken für die Welt „nach“ Corona zu sammeln, die Meinungen von Anderen einzuholen und sie zu veröffentlichen. Es ist zu einem Corona-Tagebuch geworden. Hilft mir meine Gedanken zu sortieren und erlebtes zu reflektieren. Wenn es anderen gefällt wenn sie zufällig darauf stoßen – sehr schön – wenn es nur im Kleinen „Berühmtheit“ erlangt – auch gut.
Ein weiteres Projekt, nach dem plötzlichen Shutdown war das Thema fit bleiben, Sport treiben. Normalerweise gehen wir ein bis zweimal in der Woche in unser Fitnessstudio und fahren bei „Spinning“ Kursen mit. Also haben wir uns kurz entschlossen uns den Luxus eines eigenen Rades für zu Hause zu gönnen. Die Lieferzeit von 12 Tagen kam uns vor wie eine Ewigkeit, seit dem eifrigen Zusammenbau verschönert es nun das Schlafzimmer und hat schon etliche Indoor-Kilometer geschafft und viele Streitigkeiten verhindert – weil wir uns auspowern können – laute Musik und eine hohe Anstrengung machen den Kopf frei und man geht sich für ein Stündchen aus dem Weg. Wir sind begeistert und freuen uns doch schon wieder auf das Gemeinschaftserlebnis – wann dies wohl wieder im Studio möglich sein wird. Die ersten Gehversuche im Fitness-Bereich mit Mindestabstand ohne Umkleide und ohne Duschen, ohne Getränke und erstmal noch ohne Kurse – überzeugen uns noch nicht wieder loszugehen. #wirbleibenweitenochzuhausesorry!
Selbst Ratssitzungen sind mir langweilig geworden, die OsnabrückHalle als Austragungsort ist okay aber die sonst übliche Debattenkultur, die in der ersten OS-Hallen-Sitzung schon als das fehlende Salz in der Suppe beschrieben wurde – sie fehlt.
Alles auf Abstand – ziehen alle Parteien an einem Stang um die Krisenauswirkungen für die Osnabrückerinnen und Osnabrücker klein zu halten – was eigentlich Aussichtslos ist – wir können eigentlich nur Schadensbegrenzung betreiben. Was den Künstlern, Eltern, Gastronomen hilft – schadet der Stadtkasse – Auswirkungen sind weitreichend und nicht zu ermitteln bisher. Ich will es nicht langweilig nennen aber es füllt einen engagierten Lokalpolitiker inhaltlich nicht aus – Themen die vorher im Mittelpunkt der Arbeit standen wie Umwelt- und Verkehrspolitik rücken nach hinten und es wird große Anstrengungen brauchen, die Themen wieder ins richtige Licht zurück zu rücken.
Mir sollte also nicht langweilig sein – aber diese neue Art zu Arbeiten – zeit zu haben aber nichts schaffen zu können. Diese Zeit kommt mir dann doch vor wie Zeitverschwendung. Ein paar Wochen mehr Serien gucken ist okay, aber jetzt reicht es auch. Vor Langeweile habe ich mir schon alte Tape-Decks repariert und habe jetzt das Vergnügen meine alten Tape aus den 80zigern hören zu können – nicht schlecht – aber nach etwa 30 Kassetten ist halt wieder Schluss – dann befürchte ich – wird mir wieder etwas langweilig werden.